Linda: Language assistance in Prato, Italy

Mein Name ist Linda Wolfinger, ich habe Italienisch und Biologie für das Lehramt Sekundarstufe studiert. Im Schuljahr 2024/25 durfte ich einen unglaublich bereichernden Auslandsaufenthalt in Italien machen. Die Schule, an der ich gearbeitet habe, ist ein Oberstufeninstitut mit unterschiedlichen Schulzweigen, unter anderem einem Berufsschulzweig (SCO), einem Marketing- und Wirtschaftszweig (AFM), sowie einem Schulzweig für internationale Beziehungen (RIM) – das Istituto di Istruzione Secondaria Paolo Dagomari.
Ich wurde im Laufe des Schuljahres insgesamt 12 Klassen und 120 Schüler*innen zugeteilt und konnte mit fünf Deutschlehrpersonen gemeinsam den Deutschunterricht gestalten. Die gemeinsame Arbeit hätte nicht vielfältiger sein können. So konnte ich sowohl ganze Stunden selbst abhalten, zum Beispiel zu kulturellen Themen wie Weihnachten, Kulinarik und Musik in Österreich, Sprechübungen, Spiele, Dialoge oder deutschsprachige Filme, als auch die Lehrpersonen in ihrem Unterricht unterstützen. Am Ende des Jahres konnte ich auch bei der Maturavorbereitung der fünften Klassen mithelfen und war als Muttersprachlerin in der Prüfungssimulation die externe Prüferin. Auch in das Schulgeschehen selbst wurde ich sehr stark eingebunden. So durfte ich dabei helfen, die Tage der offenen Tür mitzugestalten und die künftigen Schüler*innen für Sprache und Kultur zu begeistern – bei 5 Grad im tiefsten Winter im Dirndl wohlgemerkt. Auch den Austausch mit einer Schule aus Wangen in Deutschland habe ich mitgestaltet und war quasi das Bindeglied (sowohl sprachlich als auch kulturell gesehen) zwischen italienischen und deutschen Schüler*innen.
Als Sprachenlehrerin habe ich von diesem Auslandsaufenthalt nicht nur sprachlich und kulturell profitiert, indem ich Land und Leute besser kennengelernt habe und meine sprachlichen Fähigkeiten perfektioniert habe, sondern vor allem didaktisch. Ich hatte so viele Möglichkeiten, kommunikative Methoden, spielerische Ansätze, Gesprächssimulationen, offene Diskussionen, Lieder, Filme, Lektüren, Projekte im Sinne von CLIL umzusetzen, sodass ich im Laufe des Jahres nicht nur kreative Ideen sammeln und ausprobieren konnte, sondern auch gelernt habe, wie man in sehr heterogenen und multikulturellen Klassen Sprache unterrichten kann. Da Prato durch seine starke Textilindustrie einen sehr hohen Anteil an chinesischen, pakistanischen und marokkanischen (noch viele mehr!) Bevölkerungsgruppen hat, sind auch die Klassen sehr heterogen. Die unterschiedlichen kulturellen Hintergründe, die zahlreichen Muttersprachen und sehr heterogenen Sprachkenntnisse des Italienischen haben mich vor viele Herausforderungen gestellt. So musste ich kreativ werden, um wirklich alle Schüler*innen in den Unterricht integrieren zu können. Ich habe viele Stunden gestaltet, die sprachenvergleichend waren und sich den translanguaging-Ansatz zu Nutze machten. Wir haben über die Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Kulturen gesprochen, Vokabeln auf allen Sprachen gesammelt und persönliche Erfahrungen geteilt. Da ich mich als Sprachassistentin nicht um die Noten und die Schularbeiten kümmern musste, hatte ich sehr viele Ressourcen, mich auf verschiedene, kreative Methoden zu konzentrieren und konnte so meine didaktischen Fähigkeiten sehr festigen.



Doch auch persönlich war dieses Jahr sehr bereichernd. Ich konnte einen authentischen Einblick in eine italienische Schule machen und wurde von dem gesamten Team dieser Schule wirklich in den Schulalltag eingebunden. Meine Deutschkolleginnen und -kollegen waren es auch, die mir eine Wohnung im Zentrum der Stadt vermitteln konnten und mich zu Pizzaabenden, Geburtstagsessen und Weihnachtsfeiern eingeladen haben, die mich bei einer langwierigen Grippe mit Essen versorgt haben und mir wirklich geholfen haben, mich zu integrieren. Ich habe in Prato aber auch andere Freundschaften geschlossen, sowohl mit Italienerinnen als auch mit anderen Sprachassistent*innen aus Frankreich, Deutschland und Belgien. Mit ihnen habe ich Ausflüge unternommen, habe Konzerte besucht, die toskanische Kulinarik entdeckt und wirklich gute Freundschaften geschlossen.
Mein Fazit: Meine Sprachassistenz in Italien hat sehr zu meiner Professionalisierung als Lehrperson beigetragen. Ich habe gelernt, meinen Unterricht an sehr heterogene Klassen anzupassen, habe mehrsprachige Ansätze ausprobieren können und habe kreative kommunikative Ansätze entwickelt. Ich habe das erste Mal seit Abschluss meines Studiums Klassen über einen längeren Zeitraum begleiten dürfen und habe so enge Beziehungen zu den Jugendlichen aufgebaut. Ich war im Unterricht auf eine gewisse Weise eine Vermittlerin zwischen den Lehrpersonen und den Schüler*innen und konnte ihnen so mit etwas Witz und Leichtigkeit die Angst vor dem Sprechen nehmen und auch die österreichische Kultur näher bringen.

Ich habe einen wertvollen Einblick in die italienische Kultur und das italienische Schulsystem machen können und so auch als Italienischlehrerin davon profitiert. Ich habe auch gelernt, allein in einem anderen Land Fuß zu fassen, Freundschaften zu schließen und viele Herausforderungen zu meistern. Durch das Auseinandersetzen und das in Kontakt treten mit anderen Kulturen habe ich auch die „Berührungsangst“ ihnen gegenüber verloren und sie mit Neugierde ersetzt. Eine größere Bereicherung kann ein Auslandsaufenthalt meiner Meinung nach nicht sein.
Allen, die überlegen, eine Auslandserfahrung zu machen, rate ich: Ab ins Abenteuer!

Fotos und Text: Linda Wolfinger